In den späten 80er-Jahren wurde ich zum ersten Mal auf die »Tank Girl«-Comics aufmerksam. Zu Beginn der 90er-Jahre las ich einige dieser Geschichten, bekam aber nie einen kompletten Überblick: Ich fand die schrägen Geschichten über eine junge Frau mit punkigem Aussehen und entsprechendem Verhalten, die mit einem Panzer durch Australien nach einer großen Katastrophe fährt, stets witzig und abgefahren. Das war nicht ernst gemeint, das war ein Humor, der nicht immer funktionierte, aber mir Spaß machte.
Und jetzt gibt es »Tank Girl« wieder. Bei Kult Comics erscheinen sowohl die klassischen Comics in einer Neuauflage als auch neue Geschichten um die freche Frau mit ihren seltsamen Gefährten, zu denen ein intelligentes Känguru gehört. Als erstes Paperback kam »Tank Girl Action Alley« in den Handel, und mittlerweile las ich diesen Band.
Um es klar zu sagen: Wer mit grobem Humor seine Probleme hat, sollte die Finger von diesem Comic lassen. Und wer nur Geschichten mag, in denen die Handlung logisch und in sich schlüssig abläuft, wird damit ebenso seine Probleme haben.
Immerhin ist die neue Geschichte stringenter als das, was in den späten 80er-Jahren veröffentlicht wurde. Und es ist eindeutig Science Fiction, wenngleich der schrägen Art. Der Versuch einer Inhaltsangabe …
Tank Girl hängt mit ihren Freunden irgendwo im Outback von Australien herum. Die Welt ist ziemlich zerrüttet, es wimmelt von Mutanten, und irgendwie scheint die Zivilisation ziemlich zerschrottet worden sein. Da aber erhält Tank Girl eine Nachricht von ihrer Mutter. Wenn sie diese noch einmal sehen möchte, bevor sie stirbt, sollte sie sich unbedingt zu einem Besuch einfinden.
Das kleine Problem: Die Mutter wohnt auf der anderen Seite des Landes, und der Weg dahin ähnelt einer Achterbahnfahrt durch gefährliche Situationen …
Die Reise führt quer durch ein Australien, das mit dem heutigen Kontinent, dem Land und seinen Bewohnern nicht viel zu tun hat. Die Gruppe ständig biertrinkender Helden trifft auf mutierte Kängurus und monströse Killer, auf Zonen voller Gefahren. Doch sie setzen sich durch, mit allerlei Tricks und mit dem Einsatz zahlreicher Schusswaffen. Das ist nicht immer von großer Handlungslogik bestimmt, macht aber großes Lesevergnügen.
Verantwortlich für die Texte ist immer noch – oder wieder – Alan Martin, der die Serie in den 80er-Jahren aus der Taufe gehoben hat. Seit damals ist er sicher ruhiger geworden, die Freude am anarchistischen Humor hat er nicht verloren. Die Scherze sind grob, sie behandeln Sex und Körperflüssigkeiten, Bier und Gewalt.
Die einzelnen Episoden sind sprunghaft und setzen auf plakative Effekte. Im Gegensatz zu früher gibt es aber eine durchgehende Handlung, die klare Science-Fiction-Elemente aufweist, sich aber nie selbst ernst nimmt. (Übersetzt hat das Ganze übrigens Claudia Kern, die zeitweise für PERRY RHODAN geschrieben hat.)
Für die Zeichnungen ist neuerdings Brett Parson verantwortlich. Er greift den Stil der alten Zeit auf, arbeitet aber sorgfältiger. Der neue Stil ist dann nicht mehr so schroff und unsauber, sondern wird bewusst schräg gezeichnet. Die Figuren wirken manchmal grotesk überdehnt, der Funny-Stil hat einen gewissen »Underground«-Charme, wie man ihn im deutschsprachigen Raum dank Heften wie »U-Comix« seit den 80er-Jahren auch gern las. Wer sich darunter nicht so viel vorstellen kann, schaue sich die Leseprobe auf der Internet-Seite des Verlags an.
Alles in allem sind die neuen Abenteuer von »Tank Girl« echt gelungen. Man sollte ein Herz für sehr schräge Geschichten und einen oft groben Humor haben – dann wird einem diese Science-Fiction-Groteske auch im Jahr 2022 gefallen.
Erschienen ist »Tank Girl Action Alley« – wie eingangs erwähnt – bei Kult-Comics (auf deren Seite kann man sich auch eine Leseprobe anschauen): ein 116 Seiten starkes Paperback mit Klappcover, das es für 17,00 Euro im Comicfach- sowie im Buchhandel gibt. Die ISBN 978-3-96430-132-1 kann beim Bestellen hilfreich sein. Versender wie der PERRY RHODAN-OnlineShop führen diesen Comic ebenfalls.
