Ich mag das Comic-Universum, in dem die Stadt Gotham City und Batman, der Dunkle Ritter angesiedelt sind, seit vielen Jahren. Eine meiner Lieblingsfiguren ist dabei die von Catwoman. Das liegt sicher daran, dass man diese Figur immer wieder in neue Zusammenhänge gestellt hat. War sie in ihren Anfängen eher eine Verbrecherin, die für die Rolle der verführerischen »Bösewichtin« herhalten musste, wurde sie ab den 90er-Jahren zu einer vielschichtigen Figur, die sogar eine Beziehung zu Batman eingehen konnte.
Deshalb war ich besonders gespannt auf »Catwoman – Lonely City«, der als großformatiger Hardcover-Band erschienen ist, also nicht im typischen Format amerikanischer Comics, sondern im Album-Format, wie man es ansonsten von europäischen Serien und Einzelbänden her kennt. Und weil mit Cliff Chiang ein Zeichner und Autor für die Geschichte verantwortlich war, über den ich schon viele positive Dinge gehört hatte, musste ich zugreifen.
Ich wurde nicht enttäuscht. »Catwoman – Lonely City« ist ziemlich großartig. Die Geschichte besteht im amerikanischen Original aus vier Heften; die deutsche Ausgabe fasst alles in zwei Büchern zusammen. Das erste habe ich gelesen, das zweite ist für den Herbst angekündigt, und ich freue mich schon darauf.
Die Geschichte ist, wenn man es genau nimmt, ein Stückchen Science Fiction; sie spielt in der Zukunft der Figur Catwoman und der Stadt Gotham City. Sie beginnt damit, dass Selina Kyle nach zehn Jahren aus der Haft entlassen wird. Sie ist nun 55 Jahre alt, hat teilweise graue Haare und ist nicht mehr so sportlich wie früher. Und die Welt hat sich verändert: Über Gotham City herrscht Harvey Dent – bekannt auch als Verbrecher unter seinem Namen Two-Face – als mächtiger Bürgermeister, und die Stadt hat sich in einen Polizeistaat verwandelt.
Selina Kyle alias Catwoman kann die Zeit nicht zurückdrehen, aber sie möchte wissen, was gespielt wird und was passiert ist. Also nimmt sie – trotz all ihrer Schwächen – den Kampf gegen Dent auf. Sie findet neue und alte Freunde; manche von ihnen sind bekannte Gesichter aus »alten Zeiten«, die früher auf der »anderen Seite« standen, nun aber mit ihr gemeinsame Sache machen.
Verantwortlich für die Geschichte und die Bilder ist Cliff Chiang. Der Comic-Künstler sammelte im Verlauf der Jahrzehnte viele Erfahrungen in den verschiedensten Bereichen des amerikanischen Comic-Geschäftes: zuerst als Redakteur, dann nach Zeichner, später als Zeichner und Autor in einer Person. Mit der aktuellen »Catwoman«-Geschichte hat er ein Meisterwerk geschaffen – wer Superhelden-Comics auch nur ansatzweise mag, sollte sich das anschauen.
Chiang setzt seine gealterten Figuren mit all ihren Traumata und Problemen stark in Szene. Selina Kyle ist immer noch cool, aber sie ist eben 55 Jahre alt. Der Autor zeigt sie als eine Figur, die hart trainiert, die verschlossen wirkt und ihre Geheimnisse hat, die das Bild des sterbenden Batman als traumatische Erinnerung mit sich herumträgt und immer noch aufmüpfig ist. Die Dialoge sind direkt, die Handlung ist wie in einem modernen Thriller schnell und dynamisch.
Die Bilder unterstreichen das sehr gut. Sie entsprechen dem aktuellen amerikanischen Superhelden-Niveau, haben aber einen Charakter, der mich an europäische Autoren-Comics erinnert. Die Figuren sind klar gezeichnet, die Action ist schnell, die Rückblenden in die Vergangenheit drastisch. »Catwoman – Lonely City« erweist sich in den Bildern wie in den Texten als ein Blick in eine dystopische Zukunft.
Sowohl grafisch als auch erzählerisch packt mich dieser großartige Comic. Wer sich ein wenig einlesen möchte, schaue sich die Leseprobe an, die der Panini-Verlag auf seiner Internet-Seite bereithält.
Das 108 Seiten starke Hardcover-Album kostet 20,00 Euro. Man kann es überall im Comicfach- und im Buchhandel bestellen, die ISBN 978-3-7416-2760-6 kann dabei behilflich sein. Selbstverständlich liefern auch Versender wie der PERRY RHODAN-OnlineShop diesen Comic aus.
Klaus N. Frick
