Ich mag die Figur des Comic-Helden Batman: Er verfügt nicht über Superkräfte, sieht man davon ab, dass er stark, intelligent und reich ist – und das alles in einem Ausmaß, der die Grenzen normaler Menschen überschreitet. Aber er kann weder fliegen noch Gedanken lesen, verfügt nicht über einen magischen Kraftring oder kann nicht seinen Körper beliebig vergrößern und verkleinern. Als Dunkler Ritter kämpft er in der Metropole Gotham gegen Gangster und maskierte Bösewichte – dabei helfen ihm einige Freunde, die seit langem seine Wegbegleiter sind.
Mir gefallen die »Batman«-Geschichten am besten, die außerhalb der bekannten Chronologie erzählt werden, Geschichten also, die für sich stehen können und in sich abgeschlossen sind. Zuletzt las ich den ersten Band von »Batmans Grab«, der im vergangenen Herbst erschienen ist. Es gibt bereits einen zweiten Teil … Das erste Paperback enthält die Teile eins bis sechs der Miniserie »The Batman’s Grave«, die im Frühjahr 2020 in den USA veröffentlicht wurden.
Gleich der Beginn der Geschichte zeigt, dass hier ein anderer Weg eingeschlagen wird. Bruce Wayne ist der Milliardär, der in der Maske des Batman nachts auf Verbrecherjagd geht. Doch auf dem Grundstück seiner Villa steht bereits ein Grabstein für ihn bereit. Dabei ist er noch jung – die Geschichte spielt in der Frühzeit dieser Figur –, was seinen Butler Alfred nicht davon abhält, ihn ständig zu ermahnen und ihm sarkastische Sprüche um die Ohren zu hauen. Doch was soll so ein Verbrecherjäger auch tun, wenn er in einer Stadt ermittelt, in der die Polizei korrupt ist und das organisierte Verbrechen schier übermächtig wirkt?
Erzählt wird die Geschichte von Warren Ellis, der seit vielen Jahren zur ersten Garde der internationalen Comic-Autoren zählt. Seine neue »Batman«-Geschichte ist mit Anspielungen auf frühere Geschichten aus Gotham gespickt, kann aber ohne Vorkenntnisse gelesen werden.
Der Autor setzt auf schnelle Dialoge und rasante Action, daneben geht es auch immer wieder um sehr ernsthafte Detektiv-Arbeit – sofern man die Superhelden-Szenerie der Stadt Gotham als ernsthaft betrachten kann. Batman setzt modernste Technik ein, die durchaus Science-Fiction-Aspekte hat, es wird aber auch gekämpft, es gibt Verfolgungsjagden und alles, was das Herz des Comic-Fans begehrt …
Wobei das Ganze ohne die streckenweise sensationelle Grafik nur halb so viel wert wäre. Für die Bilder ist Bryan Hatch zuständig. Wie er den Dunklen Ritter zeigt, das ist großartig! Bei diesem Zeichner sind sogar Action-Szenen, die über mehrere Seiten gehen, nicht lahm oder überzeichnet. Er liefert starke Perspektiven, aber auch faszinierende Einblicke in Wohnungen oder auf Gesichter; das alles wirkt schnell und ausgesprochen dynamisch.
Insgesamt ist »Batmans Grab« eine gelungene Ergänzung zu den bisherigen »Batman«-Geschichten. Wer den Dunklen Ritter und die Stadt Gotham grundsätzlich mag, sollte einen Blick wagen. Letztlich ist es vor allem eine gelungene Detektiv-Geschichte, die Batman als Ermittler zeigt, nicht als den ständigen Kämpfer gegen Superschurken und Überwesen. Die Action kommt nicht zu kurz, sie wirkt aber geradezu »normal«, weil sie eben ohne die typischen Superhelden-Elemente auskommt.
Warren Ellis und Bryan Hitch zeigen mit diesem Comic, wie gut sie sich in diesem Universum auskennen und wie gut sie es schaffen, ihm neue Elemente abzuringen. Spannende Lektüre, auch wegen der dezenten Ironie, die durch den Butler eingebracht wird.
Erschienen ist der erste Teil von »Batmans Grab« als schöner Paperback-Band bei Panini Deutschland. (Auf der Internet-Seite des Verlages gibt es einige schöne Seiten als Leseproben.) Er ist 164 Seiten stark und kostet 19,00 Euro.
Mithilfe der ISBN 978-3-7416-2015-7 kann man den Comic in allen Buch- und Comicfachhandlungen bestellen. Versender wie der PERRY RHODAN-OnlineShop können das Buch ebenfalls liefern.
Klaus N. Frick
