Die ATLAN-Comics im Blick – Teil zwei Eine Kolumne von Andy Schmid über fast vergessene Geschichten

16. Oktober 2022

Der PERRY RHODAN-Report 561, der in PERRY RHODAN-Band 3188 (»Die letzten Tage von Pordypor« von Michelle Stern) veröffentlicht wurde, widmete sich dem Jubiläum der Figur Atlan und den Geschichten, die um sie erzählt werden. In einem Text informierte Andy Schmid über die ATLAN-Comics der 60er- und 70er-Jahre.

Diesen Beitrag dokumentieren wir sehr gern auch an dieser Stelle. Wegen seiner Länge kommt er in zwei Teilen: Gestern brachten wir den ersten, heute kommt der zweite und abschließende Teil.

Zweite Staffel der Zeitabenteuer

Die Zeitabenteuer erlebten währenddessen ihre »zweite« Blüte in den Planetenromanen. Sie entwickelten sich zu Lieblingen der Leser in dieser Reihe und fanden hier wohl ihr eigentliches Publikum. Der Mix aus Geschichtsunterricht, Präastronautik und Abenteuer traf den Nerv der Leserschaft.

Dies war wohl auch ein Grund, warum die Zeitabenteuer innerhalb der Comics eine »zweite Staffel« erhielten. Am 8. August 1974 erschien das grundlegend überarbeitete PERRY-Heft 106, das sich von nun an plakativ »Das deutsche SF-Magazin« nannte. Der Umfang wurde auf 48 Seiten erhöht. Neben einem Comic nach einer Story von William Voltz, einem Risszeichnungsposter und einem Artikel über UFOS fanden die Käufer noch einen in schwarz-blauer Farbe gehaltenen Zusatzcomic vor: »Atlan – der Einsame der Zeit«.

Zeichner war der Italiener Massimo Belardinelli vom Studio Giolitti, für den Text zeichnete Dirk Hess verantwortlich, der auch die Hauptstory der PERRY-Comics skriptete. Hess fing die Geschichte noch einmal von vorne an, ohne sich dabei an den bestehenden Taschenbüchern von Hans Kneifel zu orientieren.

In der ersten Episode beschreibt Hess, wie Atlan von ES seinen Zellaktivator bekommt und den Untergang von Atlantis erlebt. Die folgenden Abenteuer sind dann ganz im Stil der Kneifelschen Vorgänger gestaltet – historische Orte (Stonehenge, Uruk, Rom) und Personen (Nofretete, Lot, David und Goliath) in Kombination mit außerirdischen Invasoren, Technik und Katastrophen. Genau wie in der Handlung des Haupt-Comics scheut sich der Autor nicht, die Romanvorlagen komplett neu zu interpretieren.

Hess konzentriert sich nicht nur auf die Erde, Atlan darf auch die Venus und den Mars besuchen, sowie fremde Dimensionen, die er meist durch ein irdisches Portal erreicht. Selbst die Haluter und einen in die Zukunft gereisten Lemurer trifft der Arkonide bei seinen neuen Zeitabenteuern.

Die originellen Storys, der fabelhafte Zeichenstil Belardinellis und der Druck in Schwarz-Blau geben den Atlan-Comics eine ganz eigene, erfrischende Dynamik. Zunehmend baute Hess in die Handlung auch Horror- und Fantasyelemente ein, was dem Trend der Zeit entsprach.

Im Juli 1975 wurde PERRY – UNSER MANN IM ALL Hals über Kopf eingestellt – eine Ausgabe, bevor die Haupthandlung um den Gralmutanten aufgeklärt und abgeschlossen werden konnte. Als letztes Heft erschien die Nr. 129 am 3. Juli 1975.

Obwohl die Verkaufszahlen gut waren, wurde die Produktion von Comics im Verlag als zu teuer angesehen. Vielleicht wollte man auch Ärger mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften aus dem Weg gehen, die kurz zuvor die »Vampirella«-Comics des Verlags indiziert hatte.

Auf jeden Fall kam damit auch das Aus für die neuen Atlan-Zeitabenteuer.

Ab PERRY 130 waren bereits größere Änderungen geplant und zum Teil schon umgesetzt worden. Aus Kostengründen hatte der Verlag ein spanisches Studio damit beauftragt, die Episoden 130 bis 135 nach den Skripten von Dirk Hess zu zeichnen (im nachfolgenden Beitrag in diesem PERRY RHODAN-Report schreibt er sogar von sieben bereits fertiggestellten Skripten). Diese waren schon fertig gezeichnet, kamen aber nicht mehr in den Druck.

In den Nuller-Jahren des neuen Jahrtausends wurden die Originalzeichnungen an private Sammler verkauft. Auf der PERRY RHODAN-Fanpage rp49.de sind die Zeichnungen zu Folge 131 veröffentlicht (siehe unsere Abbildung; ebenso zeigen wir hier eine bisher unveröffentlichte Seite aus Folge 132).

Als das Team des Hamburger Verlags Alligator-Farm um Karl Nagel, Kai Hirdt und Maikel Das die PERRY-Comics ab dem Jahr 2006 neu aufleben ließ, konnte man nicht auf die alten Skripte und Zeichnungen zurückgreifen. Neue Autoren und junge deutsche Zeichner setzten die Geschichte fort und schlossen damit den Zyklus um den Gralmutanten nach 31 Jahren endlich ab. Wie in den alten PERRY-Comics mischte man dabei Elemente der damals aktuellen Heftromanhandlung mit ein (beispielsweise Thoregon und Galornen).

In den Alligator-PERRYS 140 und 141 aus den Jahren 2011 und 2013 knüpfte der Texter und Zeichner Conrad Schuebarg (= Stefan Barton) in seiner zweiteiligen Story »Kleinigkeiten« an die Geschehnisse aus den letzten Atlan-Comics in PERRY 128 und 129 an. Anfangs in der ikonischen Schwarz-Blau-Färbung, lieferte er dabei eine gelungene Hommage an die alten Comics, besaß aber gleichzeitig einen eigenen, unverwechselbaren Stil.

Auch er mischte Elemente der damaligen aktuellen PERRY RHODAN-Handlung rund um die Superintelligenz ARCHETIM mit ein und verknüpfte dann gekonnt das PERRY RHODAN-Universum mit H. P. Lovecrafts Geschichten um die Großen Alten.

Das war vorläufig das letzte Kapitel in der Geschichte der Atlan-Comics. Aber wie man sieht, ist das Interesse an dem alten Beuteterraner nach sechzig Jahren noch immer stark. Sicherlich wird es irgendwann wieder Atlan-Zeitabenteuer in Comicform geben. Freuen wir uns darauf!

Perry Rhodan 3188: Die letzten Tage von Pordypor
Michelle Stern
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361888
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Perry Rhodan 3188: Die letzten Tage von Pordypor
Michelle Stern
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900007282