Die PERRY RHODAN-Leihbücher – Teil eins Kolumne von Norbert Fiks über die erste Hardcover-Ausgabe von PERRY RHODAN

2. Oktober 2021

Im September 2021 wurde die PERRY RHODAN-Serie bekanntlich sechzig Jahre alt. Zu diesem Anlass erschien im PERRY RHODAN-Report – er wurde im Band 3136 veröffentlicht, das den Titel »Oszyrium« trägt und von Michelle Stern stammt – ein Artikel von Norbert Fiks.

Sein Rückblick auf die PERRY RHODAN-Leihbücher soll an dieser Stelle dokumentiert werden. Wegen seines Umfangs bringen wir ihn in zwei Teilen: heute Teil eins, morgen Teil zwei.

 

Der Widukind-Verlag legte los
Neben den beiden großen Jubiläen im Jahr 2021 – 60 Jahre PERRY RHODAN und zehn Jahre PERRY RHODAN NEO – können die Leser im kommenden Jahr auf ein weiteres, kleines Jubiläum in der Publikationsgeschichte ihrer Lieblingsserie zurückblicken: Vor dann 60 Jahren hatte nicht nur der Arkonide Atlan in Heft 50 »Der Einsame der Zeit« von K. H. Scheer seinen ersten Auftritt, im Widukind-Verlag erschien auch das erste PERRY RHODAN-Leihbuch.

Es hieß wie der erste Heftroman »Unternehmen STARDUST«, und enthielt außer dem Roman von K. H. Scheer auch Band 2: »Die dritte Macht« von Clark Darlton. Bis 1968 wurden 56 PERRY RHODAN-Leihbücher veröffentlicht.

Solche Leihbücher und Heftromane stillten in der jungen Bundesrepublik den Hunger nach preiswertem, unterhaltsamem Lesestoff. Im normalen Sortimentsbuchhandel und den meisten öffentlichen Bibliotheken war diese Art von Literatur nicht zu finden, sie war dort geradezu verpönt.
Zudem konnte sich ein Großteil der Bevölkerung in der kaufkraftarmen Nachkriegszeit in Leinen oder gar Leder gebundene Bücher nicht leisten. Die ersten Heftromane nach der Währungsreform von 1948 kosteten 40 oder 50 Pfennig, und ebenfalls für ein paar Groschen konnte man sich die deutlich umfangreicheren Leihbücher für eine Woche mit nach Hause nehmen.

Der Bedarf war groß: Die Zahl der Leihbüchereien, von denen die meisten als Nebenerwerb etwa in Kiosken, Drogerien oder sogar in Buchhandlungen betrieben wurden, stieg von einigen Hundert gleich nach Kriegsende auf knapp 28.000 im Jahr 1960. Sie verfügten über einen Bestand von etwa 20 Millionen Bänden.

Danach ging die Zeit der Leihbücher langsam zu Ende. Grund dafür war nicht nur, dass mit den Taschenbüchern Anfang der 1960er Jahre eine starke, preisgünstige Konkurrenz auf den Markt drängte. Die Leihbücher hatten wohl auch mit Qualitätsproblemen zu kämpfen. Die Heftroman- und Taschenbuch-Verlage zahlten mehr, die Leihbuchverlage verloren die besseren Autoren. Mitte der Siebzigerjahre gaben die letzten Leihbuchverlage auf.

Das Leihbuch hatte üblicherweise ein Format von 18 auf 12,5 Zentimetern, um die 270 Seiten Umfang und war auf dickem, holzhaltigem Papier gedruckt. Der farbig illustrierte (Papp-) Deckel und der Buchrücken wurden mit einem Überzug aus Supronylfolie versehen. Supronyl ist ein weicher, transparenter Kunststoff, der das Buch vor Verschmutzung schützen sollte. Die Leihbücher wurden mit einem Schutzumschlag ausgeliefert, der dasselbe Motiv zeigte wie der Buchdeckel.

Über die Jahre brachten mehr als zweihundert auf Leihbücher spezialisierte Verlage kontinuierlich Neuerscheinungen auf den Markt, der von Liebes- und Arztromanen, Western, Abenteuergeschichten und Krimis beherrscht wurde; das utopisch-phantastische Genre war weniger gefragt. Die Nachfrage sorgte für einen großen Bedarf an Autoren.

Einer von ihnen war der junge Karl-Herbert Scheer (1928–1991). Seine ersten Leihbücher, die Science-Fiction-Romane »Piraten zwischen Mars und Erde« und »Stern A funkt Hilfe« sowie der Krimi »Bakterien«, erschienen 1952 im Frankfurter Reihenbuch-Verlag, für den er insgesamt achtzehn Romane verfasste. 1952 war auch das Jahr, in dem mit den UTOPIA-Zukunftsromanen die erste Science-Fiction-Heftromanreihe auf den westdeutschen Markt kam.

Nach einem Intermezzo beim Pfriem-Verlag in Wuppertal war Scheer ab 1956 Stammautor bei Balowa und Widukind, zwei Leihbuch-Verlagen der Druckerei Gebr. Zimmermann in Balve im Sauerland, die zu den größten in Westdeutschland gehörten. Das sicherte ihm ein gutes Einkommen.

Bei Balowa erschienen von 1957 bis 1965 unter anderem die ersten achtzehn Romane seiner legendären Reihe »Zur besonderen Verwendung« (ZBV) um die Agenten Thor Konnat und Hannibal Utan. Sie wurden ab 1958 in den Heftromanreihen TERRA des Münchner Arthur Moewig Verlags und UTOPIA des Rastatter Erich Pabel Verlags nachgedruckt. Auch andere Zimmermann-Leihbücher wurden, ebenfalls stark gekürzt, in Romanheften zweitverwertet.

Es bestanden also langjährige enge Kontakte und eine eingespielte Zusammenarbeit zwischen den Verlagen, als die PERRY RHODAN-Serie im September 1961 von Moewig auf den Markt gebracht wurde. Wann genau das erste PERRY RHODAN-Leihbuch in den Büchereien stand, ist nicht bekannt. 1962 erschienen außer »Unternehmen STARDUST« zwei weitere Leihbücher – »Götterdämmerung« und »Das Mutantencorps« – ebenfalls mit jeweils zwei von Scheer leicht überarbeiteten PR-Heftromanen.

Wie der heute 83-jährige Helmut Levermann, der damals als junger Mann bei Zimmermann für die Leihbücher zuständig war, in einem Telefonat mit dem Verfasser erzählte, wurden einmal im Monat zehn bis fünfzehn Bücher aller Genres gedruckt und gebunden. Dann klapperte er mit einem Fahrer im Firmenbulli die etwa zehn Verlagsvertreter in ganz Deutschland ab, die wiederum mit den Büchern im Gepäck die Leihbüchereien in ihren Gebieten aufsuchten. Die Auflagen betrugen nach Levermanns Angaben zwischen 2000 und 3000 Stück.

Norbert Fiks

Perry Rhodan 3136: Oszyrium
Michelle Stern
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361369
1,99 €
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Perry Rhodan 3136: Oszyrium
Michelle Stern
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900006520