Ein Fan des Heftromans erzählt – Teil eins Eine Kolumne von Sascha Vennemann über das Lesen und Schreiben von Romanheften

20. Juni 2021

Im PERRY RHODAN-Roman »Die Gilde der Kidnapper« (Band 3120, geschrieben von Susan Schwartz), war ein Artikel von Sascha Vennemann enthalten – sein Text gehörte zum aktuellen PERRY RHODAN-Report. In diesem Beitrag schreibt der Autor und Redakteur darüber, wie er vom Heftromanleser zum Heftromanschreiber wurde.

Wegen seines Umfangs kommt der Text in zwei Teilen: heute bringen wir Teil eins, morgen folgt der abschließende zweite Teil.

 

Ein Kind der Achtzigerjahre

Der Heftroman hat Nachwuchsschwierigkeiten. Diese These geistert nicht nur unter den Lesern dieses aus heutiger Sicht ungewöhnlichen Printformats umher, sondern auch unter denen, die noch nie ein Heft in der Hand hatten. Wo sind die jungen Leser? Vor allem die Verantwortlichen in den Verlagen haben Angst davor, dass ihnen möglicherweise eines Tages die Kundschaft »wegstirbt«.

Seit es flächendeckend E-Books gibt und ihre Akzeptanz immer weiter steigt, sieht die Branche nicht mehr ganz so schwarz. Aber vor zwanzig Jahren war das Problem bereits da – und damals war das gedruckte Heft immer noch das Maß der Dinge. Wie kam man als Jugendlicher um die Jahrtausendwende auf die Idee, Heftromane zu lesen, zu sammeln – und später sogar zu schreiben? Ein persönlicher Erfahrungsbericht.

Niemand liest Heftromane ohne bestimmte Voraussetzungen. Das ist keine Tatsache, das ist meine Überzeugung. Ich bin Jahrgang 1981 und hatte das Glück, dass ich schon in jungen Jahren für Fortsetzungsgeschichten begeistert wurde. Mir wurden Märchen vorgelesen – jeden Abend ein Stück. So konnte ich mich auf den nächsten Tag freuen. Ich konnte »Die Biene Maja« im ZDF schauen und wusste, dass in der nächsten Woche eine neue Folge mit neuen Abenteuern derselben Figuren kommen würde.

Später las ich »Yps« – nicht nur wegen der Gimmicks –, und auch darin gab es Fortsetzungsgeschichten. Dann »Die drei ???«.

Ich befand mich im Sog der Serialiät, wobei ich mich als Teenager zugegebenermaßen mehr auf Videospiele und TV-Serien wie die diversen »Star Trek«-Ausprägungen verlagerte. Doch immer blieb diese eine Grundvoraussetzung: die Leidenschaft für Geschichten, für Figuren, mit denen ich lange Zeit und in vielen Erlebnissen mitfiebern kann.

Wann ich zum ersten Mal ein Romanheft in den Fingern hatte, weiß ich nicht mehr. Nur, dass ich in der fünften oder sechsten Klasse war. Ich holte mir mein wöchentliches »Yps« im Supermarkt. Es lag nahe der Kasse, ganz unten in einem Zeitschriftenregal. Und daneben war ein kleiner Ständer aus Kunststoff, in dem diese Hefte lagen, die vom Titelbild her wie ein Comic aussahen, aber fast nur aus Text bestanden.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es ein PERRY RHODAN-Heft war, dessen Titelbild mich so sehr angesprochen hat, dass ich es mir genauer ansah. Ich mochte Raumschiffe, war vor dem Fernseher mit der ENTERPRISE und Captain Kirk bereits zu fernen Planeten aufgebrochen. Zuhause standen Bücher über UFOs und Psi-Phänomene, die mein Vater gerne las. Wir schauten zusammen »Star Wars« und den »Buck Rogers«-Film von 1979 auf VHS-Kassetten.

 

Dann kam »Maddrax«

Im Jahr 2000 war ich 19 Jahre alt und bereitete mich auf das Abitur vor. Schon damals las ich alles, was ich in die Finger bekam. In einem Schreibwaren- und Spielwarengeschäft im Ort hing im Schaufenster ein Poster, auf dem ein blonder Mann in militärischer Kluft und mit gezogener Riesenwumme neben einer barbusigen, archaisch bemalten Barbarin mit einem überdimensionierten Schwert stand.

Im Hintergrund: eine völlig verwüstete Welt, Riesenratten und ein Komet. Es war ein Werbeplakat für die damals neu erscheinende Serie »Maddrax – Die dunkle Zukunft der Erde« aus dem Bastei-Verlag.

Dass das ein Heftroman war, war für mich im ersten Moment nicht klar. Ich wusste nur eins: Ich wollte die Geschichte lesen, die dieses Bild versprach. Eine verhängnisvolle Entscheidung. Aus dem ersten gekauften Band sind innerhalb der vergangenen zwei Dekaden mehr als 1000 Hefte geworden, die in meinem Arbeitszimmer ganze Regale füllen.

»Maddrax« war die erste Serie, die ich sammelte und leidenschaftlich las. Die Geschichte des Air-Force-Piloten, der 500 Jahre in eine postapokalyptische Zukunft geschleudert wird, eine Neo-Barbarin zur Gefährtin bekommt und gegen Mutanten wie Riesenratten kämpft, das war genau der Mix aus Fantasy, Horror und Science Fiction, der mich sowieso schon interessierte.

Was hat mich also dieses Heft lesen lassen? Der Inhalt.

Die Form war mir ziemlich schnuppe. Zudem konnte man so ein Heft einfach gut »weglesen«: Zwei bis drei Stunden verbrachte ich in dieser exotischen Welt, und 14 Tage später ging es dann weiter. Es waren gute Figuren, ein starkes Setting, es ging um aufregende Kämpfe, zu entdeckende Geheimnisse und Beziehungen zwischen den Charakteren. Die begrenzte Seitenzahl sorgte dafür, dass das Tempo stets hoch blieb und die Autoren wenig Zeit hatten, sich in Schwafeleien zu ergehen. Mir hatte das Lesen lange Zeit nicht so viel Spaß gemacht.

Perry Rhodan 3120: Die Gilde der Kidnapper
Susan Schwartz
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361208
1,99 €
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