Ein Fan des Heftromans erzählt – Teil zwei Eine Kolumne von Sascha Vennemann über das Lesen und Schreiben von Romanheften

21. Juni 2021

Im PERRY RHODAN-Roman »Die Gilde der Kidnapper« (Band 3120, geschrieben von Susan Schwartz), war ein Artikel von Sascha Vennemann enthalten – sein Text gehörte zum aktuellen PERRY RHODAN-Report. In diesem Beitrag schreibt der Autor und Redakteur darüber, wie er vom Heftromanleser zum Heftromanschreiber wurde.

Wegen seines Umfangs kommt der Text in zwei Teilen: gestern veröffentlichten wir Teil eins, heute folgt der abschließende zweite Teil.

 

Die Heftromane entdeckt …

Ich weiß nicht, ob ich damals besonders renitent gegenüber meinem Umfeld gewesen bin, aber meine Faszination für den Heftroman konnte ich nicht auf andere übertragen – weder zu Beginn noch einige Jahre später, als ich viele weitere Serien für mich entdeckt hatte und Neuerscheinun-gen wie »Torn –Wanderer der Zeit«, »Bad Earth« oder »Special Forces: One« las. Meine Kumpels lasen meistens eh nicht so viel wie ich, die Hefte wirkten auf sie billig.

Mir war das egal. Und es war irgendwie auch schön, denn es war eine Welt nur für mich, in die mir keiner reinredete: keine Eltern, keine Freunde, keine Lehrer. Romanhefte, das war in meinem direkten alltäglichen Umfeld ein Thema, das nur mir gehörte, wenngleich es mich zum Exoten machte. Aber es wurde auch problemlos akzeptiert. Nie hörte ich, dass ich diesen Schund mal weglegen solle oder ähnliches.

Eine noch exotischere Welt offenbarte mir im Jahr 2000 das Internet, das ich über mein neues 56k-Modem mit meinem PC erreichte. Und dort traf ich zum ersten Mal auf Gleichgesinnte in Verlagsforen. Endlich hatte ich Menschen, mit denen ich mich über die Geschichten austauschen konnte. Und ich erfuhr, dass ich mit meinen 19 Jahren eine absolute Ausnahme war.

Die meisten Leser in diesen Foren waren zwischen 35 und 50 Jahre alt, hatten die »glorreichen Heftzeiten« der Siebziger- und Achtzigerjahre miterlebt, verfügten über einen riesigen Fundus an Wissen und machten in ihren Postings Anspielungen auf Serien, die ich erst sehr viel später begriff, als ich mich ausführlicher mit Neuauflagen und Nachdrucken beschäftigte.

Das Netz war damals noch ein anderes: Fake News und Trolle gab es kaum, man war noch einigermaßen freundlich zueinander, der Ton war nett. Und: Ich wurde herzlich in der Mitte der Leser willkommen geheißen. Der junge Mann, der Heftromane las, war so etwas wie die Hoffnung für eine verloren geglaubte Lesergeneration.

Dieses Miteinander im Netz und später auch »offline« bei Fanclub-Treffen und Conventions, dieses Hineinwachsen in eine Community, die sich weit vor meiner Zeit formiert hatte, aber offen für neue Gesichter war, waren prägende Erlebnisse. Sie haben mich an das, was Heftromane eben auch bedeuten, nachhaltig gebunden: die treue Lesergemeinschaft, die sich von den reinen Inhalten der Stories entfernt und das Format an sich preist.

Diese auf 64 Seiten komprimierten Abenteuer mit einer Figuren-Familie, die dich unter Umständen dein ganzes Leben lang begleiten kann. Matthew Drax und Aruula aus »Maddrax« begleiten mich nun schon 20 Jahre, ebenso einige Leser und Macher der Serie. Längere Freundschaften habe ich kaum. Wenn das nichts Besonderes ist, was dann?

Diese Heftroman-Familie ermöglichte es mir dann auch, meine Liebe und mein Engagement für das Format weiter voranzutreiben. »Nur« Leser zu sein war mir als Mittzwanziger, inzwischen Student, nicht mehr genug. Ich wollte mitgestalten, selbst Welten und Geschichten schaffen, von denen ich ahnte, dass sie in mir schlummerten.

Ein Praktikum bei Bastei Lübbe eröffnete mir die Chance, erst kurzzeitig als Außenlektor und Redakteur für die Serie »Sternenfaust« zu arbeiten und später dort meinen ersten eigenen Roman zu veröffentlichen. Bald darauf konnte ich auch bei »Maddrax« einsteigen – bei der Serie, mit der alles für mich angefangen hatte.

Mehr als fünfzig eigene Romane später kann ich sagen, dass ich den Heftroman sowohl als Leser wie auch als Macher immer noch liebe. Wenn du den Figuren, mit denen du quasi aufgewachsen bist, eigene Facetten geben kannst, ist das ein erhebendes Gefühl.

Auch PERRY RHODAN sah mich wieder – mit den Miniserien, die ich sehr gerne lese, weil mir der Serienkanon der Erstauflage einfach zu umfangreich ist. Die Romane der Miniserie geben mir die Chance, mich innerhalb von einem Dutzend Hefte ausreichend zu orientieren, sodass ich gut mitkomme und die Storys auch genießen kann, ohne ständig das Gefühl zu haben, dass mir wichtiger Kontext fehlt.

Und so schließt sich auch hier der Kreis: Von diesem einen Titelbild, das mich in der Jugend faszinierte, weil es neben »Yps« und Co. stand, hin zu PERRY RHODAN-Mission SOL und aktuell PERRY RHODAN-Wega. Und wie mich neue Heftromane begleiten, tun es auch die ganzen Vorgänger aus zahlreichen vergangenen Dekaden, die nun teils in Print-Wiederauflagen oder als E-Book-Neuveröffentlichungen erscheinen.

Der Sog der Serialität, er wird mich wohl mein Leben lang begleiten. Ich freue mich darauf!

Perry Rhodan 3120: Die Gilde der Kidnapper
Susan Schwartz
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361208
1,99 €
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