Wie ein ATLAN-Fan zum Autor wurde … – Teil eins Eine Kolumne von Rüdiger Schäfer über einen Arkoniden und seinen Einfluss

18. November 2022

Der PERRY RHODAN-Report 561 wurde in PERRY RHODAN-Band 3188 (»Die letzten Tage von Pordypor« von Michelle Stern) veröffentlicht. Die redaktionelle Beilage widmete sich dem Jubiläum der Figur Atlan und den Geschichten, die um sie erzählt werden. Ein Artikel stammt von Rüdiger Schäfer, der vor allem durch seine Exposéarbeit für PERRY RHODAN NEO sowie zahlreiche ATLAN-Romane bekannt geworden ist.

Diesen Beitrag dokumentieren wir sehr gern auch an dieser Stelle. Wegen seiner Länge kommt er in zwei Teilen: Heute kommt der erste, morgen folgt der zweite Teil.

Ein erstes Treffen mit Atlan

Obwohl ich bereits im Jahr 1975 meinen ersten PERRY RHODAN-Roman las, stieg ich erst sechs Jahre später in die ATLAN-Serie ein – mit dem großen Jubiläumsband 500 (»Die Solaner« von William Voltz), der Ende April 1981 erschien. Ich blieb der Serie bis zu ihrer Einstellung mit Band 850 treu, und diese 350 Romane waren es wohl, die meine Leidenschaft für die Figur des Arkoniden Atlan entfachten – eine Leidenschaft, die bis heute anhält.

Im Gegensatz zu Perry Rhodan war Atlan für mich immer ein Held, der mehr durfte, der sich nicht so streng an die Konventionen halten musste, sondern auch mal Dinge tat, die man moralisch eher im Graubereich verorten würde. Aufgrund seines Alters und der damit einhergehenden Erfahrung war er ein Philosoph – oder durfte es zumindest sein. Gleichzeitig verkörperte er aber auch den Kämpfer und Abenteurer, getrieben von einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und großer Empathie für die Schwachen und Geknechteten des Universums. Mit dem Extrasinn stand ihm zudem ein kluger und oft stichelnder Dialogpartner zur Verfügung – ein Umstand, der mich vor allem später faszinierte, als ich die Metamorphose vom Leser und Fan zum Autor vollzog.

Nachdem Peter Griese im Dezember 1981 die klassische ATLAN-Serie mit Band 533 als Exposéautor übernommen hatte, schrieb ich diverse Leserbriefe, die auch häufig in den Heften veröffentlicht wurden. Damals zeichnete ich sogar Atlan-Cartoons, die mehr oder weniger regelmäßig auf der Leserseite erschienen, und das, obwohl ich gar nicht zeichnen kann.

1986 erhielt ich dann einen Brief von einem gewissen Uli Rotter. Den Namen hatte ich nie zuvor gehört, und mit dem Begriff Fandom konnte ich ebenso wenig anfangen. Uli schrieb mir, dass ich ihm aufgrund meiner diversen Aktivitäten auf den ATLAN-Leserseiten aufgefallen sei, und fragte, ob ich nicht Lust hätte, in den gerade von ihm und John Lochhas gegründeten Atlan Club Deutschland (ACD) einzutreten. Ich überlegte kurz und schickte schließlich den ausgefüllten Mitgliedsantrag zurück (E-Mail gab es damals noch nicht).

Der ACD eröffnete mir eine völlig neue Welt. Plötzlich konnte ich meine eigenen tapsigen Versuche auf dem Gebiet der Schriftstellerei einem kleinen, aber feinen Publikum präsentieren – und bekam zu allem Überfluss auch noch Reaktionen darauf. Ich lernte Menschen kennen, die genauso nerdig und verspinnert waren wie ich, die sich für dieselben Bücher, Serien und Filme interessierten und sich darüber austauschen wollten.

Es dauerte nicht lange, da steckte ich bis zur Nasenspitze im Fandom, war Mitglied in diversen Clubs, veröffentlichte Artikel und Geschichten, stritt mich in Leserbriefen, und gab sogar eigene Magazine (sogenannte Fanzines) heraus. Im ACD übernahm ich als Kontakter, also als Verantwortlicher für Kommunikation und Werbung, sogar einen der drei Vorstandsposten. Das liest sich auf dem Papier wichtiger, als es in der Realität war. Aber es machte einfach einen Heidenspaß.

Zu seinen besten Zeiten hatte der Club rund 150 Mitglieder. Heute ist er meines Wissens der einzige Verein seiner Art, der aus dieser Zeit noch übriggeblieben ist. Im Oktober 2022 erscheint die 300. Ausgabe des Clubmagazins »Intravenös« – und darauf bin ich schon ziemlich stolz.

Auch Peter Griese war Mitglied im ACD und unterstützte den Club vor allem in den ersten Jahren, bevor er 1996 viel zu früh verstarb. Peter war der erste Profiautor, den ich näher kennenlernen durfte. Er besuchte einen ACD-Con in Hildesheim, und wir unterhielten uns dort lang und ausführlich. In den kommenden Jahren saßen wir öfter gemeinsam auf der Bühne und moderierten Atlan-Programmpunkte.

Einmal durfte ich ihn sogar zu Hause aufsuchen – für einen Fan natürlich die höchste Auszeichnung überhaupt. Er zeigte mir den großen Schrank, in dem er all die Exposés und Datenblätter aufbewahrte (wie gesagt: die Arbeit mit dem Computer war damals noch eher unüblich), und ich durfte mir sogar eines der ATLAN-Expos ansehen. Das gilt bis heute als eine verlags- und teaminterne Todsünde und hätte, wenn es bekannt geworden wäre, Peter fraglos in Schwierigkeiten bringen können.